CD Review


¡BUENOS DIAS, ASTOR!

Friedrich Lips & his PIAZZOLLA - Studio
Friedrich Lips (Bayan), Vladislav Igolinsky (Violin), Kirill Rodin (Violoncello), Svjatoslav Lips (Piano), Vladimir Toncha (Violoncello), Mark Pekarsky (Percussion), Nikolaj Lgovsky (Percussion)
Artist
November 2008

¡BUENOS DIAS, ASTOR!

Einmal mehr hat der russische Bajanist Friedrich Lips die Musikwelt in Staunen versetzt. Die auf dieser CD zu hörenden 10 Werke werden mit unfehlbarer Professionalität interpretiert, wie es von diesen Musikern nun einmal zu erwarten ist. Ihre Präsentation dieser hervorragenden Auswahl von Piazzolla's Meisterwerken ist von Einfühlungsgabe, Empfindsamkeit und Stil geprägt.

Die ersten sechs Stücke, durchwegs von Astor Piazzolla (1921-1992), gehören zu seinen populärsten Kompositionen. Alle sind mehrfach von verschiedenen Ensembles aufgenommen worden. Friedrich Lips & PIAZZOLLA-Studio können da nicht nur einfach hinzugefügt werden, sondern sie leisten einen signifikanten und wichtigen Beitrag zu den Interpretationen dieses Repertoires.

Unter seinen vielen Kompositionen ist Adiós Nonino möglicherweise Piazzolla's berühmtestes Einzelstück. Während Nonino als liebenswürdiger und fideler Tango in Piazzolla's Tagen in Paris und zu Ehren seines Vaters Vicente entstand, entwickelte er sich nach dem Tod seines geschätzten Vaters in seine aktuelle Form Adiós Nonino. Piazzolla sagte dazu 1980: "Möglicherweise war ich von Engeln umgeben. Ich war in der Lage, die feinste Melodie zu schreiben, die ich je geschrieben habe. Ich weiß nicht, ob ich es jemals besser machen kann. Ich bezweifle das." Er spielte sie unzählige Male, in mindestens zwanzig verschiedenen Arrangements. Der Symbolismus und ihre reine Schönheit sind in der Tat speziell, jedoch auch die folgenden fünf Stücke sind keineswegs weniger wichtig und gehören zu seinem besten Repertoire. Sowohl Milonga del Ángel als auch Muerte del Ángel werden Ihre spontane Bewunderung auslösen, ebenso wie Meditango, Tanguedia III und Tango apasionado. Tango apasionado ist ein Teil von Piazzolla's Der raue Tänzer und Die zyklische Nacht, worüber er sagte, "Es ist Musik, die von halb-trunkenen Musikern in einem Bordell gespielt werden soll."

Die CD schließt mit vier Stücken, Otoño (Herbst) porteño (1969), Invierno (Winter) porteño (1970), Primavera (Frühling) porteña (1970) und Verano (Sommer) porteño (1964), die den Tangozyklus bilden, der als Las Cuatro Estaciones oder Die vier "Buenos Aires" Jahreszeiten bekannt ist. (Ein porteño ist ein Einwohner von Buenos Aires, wodurch der Name der Stadt häufig in den Titel miteinbezogen wird). Obwohl nicht als eine Hommage an Antonio Vivaldi (1678-1741) und seine Vier Jahreszeiten (Le quattro stagioni) geschrieben, werden diese beiden Kompositionen häufig verglichen. Le Quattro stagioni waren Teil von Vivaldi's Opus 8, 1725 erschienen, und stellten vier seiner 500 Konzerte dar. Piazzolla's vier Kompositionen waren ursprünglich nicht einmal als einzelne Suite beabsichtigt, wurden aber manchmal von Piazzolla in dieser Weise aufgeführt. Tatsächlich wurden andere Stücke, die durch ihre Titel in Beziehung standen, wie z.B. Milonga del Ángel und Muerte del Ángel auch als einzelne Suite zu verschiedenen Anlässen gespielt.

Vivaldi verdiente sich ein Renommee als Geiger voll großer Energie, der es mit der bloßen Vitalität seiner Werke wagte, Solisten zu blendenden Kostproben ihrer Virtuosität zu inspirieren. In dieser Hinsicht zeigte auch Piazzolla dieselbe rohe Energie, als er sich sein Renommees als Komponist und virtuoser Interpret auf dem Bandoneon erwarb. Zweifellos sind Vivaldi's Vier Jahreszeiten ein frühes Beispiel von Programmmusik, in der die Musik eine Geschichte erklärt oder eine Szene bildlich darstellt, und Piazzollas vier Stücke, die diesen Tangozyklus bilden, brauchen da keinen Vergleich zu scheuen, obwohl Piazzolla sicher nicht darum bemüht war. Piazzolla begann häufig mit dem Herbst, Vivaldi mit dem Frühling, wenn der ganze Zyklus gespielt wurde. Beide Komponisten stellten einzelne Spieler als Solisten wie in einem Konzert in den Vordergrund. Otoño z.B. enthält eines der schönsten Soli für Bandoneon in der linken Hand.

Piazzollas vier Stücke bieten eine ideale Einleitung zu einzigartigen Tango-klassischen Stilen, die vom argentinischen Meister geschaffen wurden. Es gibt furiose Unisono-Passagen, im Kontrast dazu Phasen schwermütiger Ruhe. Die Stücke sind immer aufregend; sie sind nie stumpf. Das zweckmäßige rubato, die häufig rauen und nervösen Akzente, die temporäre Ungeduld der Musik - gehen in eine niemals übermäßige Süsse über und wieder zurück. Hören Sie die Tango-Fuge in Primavera!

Die Bezeichnung "virtuos" beschreibt sowohl das Repertoire als auch die Musiker, von denen oben die Rede war. Während viele die ernste klassische Arbeit von Friedrich Lips kennen und bewundern, werden es nun möglicherweise sogar noch mehr tun als Folge der Aufnahmen der Piazzolla-Tangos. Es ist nicht häufig, dass von einem Künstler vom Status eines Lips erwartet werden darf, beide Genres so perfekt zu interpretieren, und doch, er tut es! Die prächtige Phrasierung, die technische Klarheit, die einwandfreie Balgführung und ja, sogar jene kleinen aber wunderbar ausgeführten Verzierungen, zeugen von seiner hohen Professionalität, ob es nun um die Musik von Gubaidulina oder von Piazzolla geht.

Sie werden diese CD mögen; es ist eine, zu der sie immer wieder zurückgreifen werden. Sie ist vom Anfang bis zum Ende überaus unterhaltsam und absolut großartig. Wenn Sie herausragende musikalische Leistungen und auch die Musik von Piazzolla mögen, sollten Sie sie Ihrer Bibliothek jetzt hinzufügen.
(Lips-CD 020)

*Rezension durch Joan Cochran Sommers, November 2008.

Anmerkung: Für genaue biographische Informationen sowie die Bestellung dieser oder auch der anderen CDs von Friedrich Lips, gehen Sie bitte auf
http://www.musicforaccordion.com/Boutique/inform/lips/CD020.htm
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