CD Review


The Last Supper

Friedrich Lips
Artist
19 Oktober 2007


The Last Supper – Friedrich Lips

Diese Aufnahme gehört zu jenen, die man oftmals hören muss, nicht um sie schätzen zu lernen, sondern in dem Bemühen, alles zu hören, das von Komponisten und Interpreten geliefert wird. Solotarjow und Bach werden natürlich sofort nach dem ersten Hören geliebt werden; bei Gubaidulina und Bronner wird der durchschnittliche Zuhörer jedoch mehr als einmal brauchen, um genauso zu hören und zu lieben. Alle vier Werke haben auf vielerlei Art ähnlichen Tiefgang.

Man kann fragen, warum Menschen in den Weltraum reisen möchten und in gewissem Sinne kann man auch fragen, warum Musiker derartig anspruchsvolle Musik wie Gubaidulina und Bronner spielen möchten. Friedrich Lips ist jener Bajanist, der sich als Führer auf dieser atemberaubenden Reise vom Bajan in den Weltraum der Musikwelt erwiesen hat (und er ist es nach wie vor). Allein schon aus diesem Grund, wenn schon aus keinem anderen, muss jeder, der sich zum Wissen über und zur Liebe zum Bajan (oder zum Akkordeon) bekennt, diese Aufnahme hören. Sie erweitert unsere Fantasie, was mit dem Bajan möglich ist; sie erleuchtet die Zukunft für künstlerisches Wachstum und beseitigt unnötige Grenzen.

Jeder von uns hört auf andere Weise, je nach unserem eigenen musikalischen Hintergrund, unseren Erfahrungen und unseren tatsächlichen musikalischen Präferenzen. Es ist meine Meinung, dass Sie sich darüber wundern, was Sie hören werden, denn es ist ausgezeichnete Musik, die von zwei außergewöhnlich sensiblen Solisten und zwei hervorragenden Orchestern fein interpretiert wird.

Zuallererst ist die Tonbildung wirklich fein, unabhängig davon, wo die Aufnahmen gemacht wurden; sie erhöht stets die Qualität und erlaubt, dass alle Instrumente zu hören sind, unabhängig von der Dynamik des Werks. Es gibt keine Verzerrung des Tons beim Bajan, z.B. selbst wenn die Orchester fortissimo spielen, besonders mustergültig wahrnehmbar bei Bronner.

Es gibt ein geistiges Verhältnis zwischen Gubaidulina und Bronner, dennoch finden wir möglicherweise die Gubaidulina-Partita kontemplativer als die Bronner-Judas Passion. Beide Komponisten lassen Lips einige unterschiedliche moderne Techniken zeigen, die totale und vollkommene Kontrolle des Balgs des Bajans erfordern, und nicht nur für billige Showeffekte oder Unterhaltung sorgen, sondern die immer dem Ausdruck des jeweiligen musikalischen Gedankens dienen. Diese Balgtremoli, Luftknopfgeräusche, Tonglissandi werden sowohl mit Zurückhaltung als auch Spontaneität produziert, wie eben gerade vom Werk verlangt; sie sind keine leichtfertige Zugabe zur Musik, sondern eher ein zweckmäßiger Beitrag. Die Streicher verwenden auch Harmonien und pizzicati, um ihre Parts interessant zu verstärken. In der Partita hat der Zuhörer keinen Zweifel am Chaos, am Flehen oder an der Resignation, die hier ausgedrückt werden. Die Judas Passion ist durch das virtuose Wechselspiel zwischen Bajan und Orchester aggressiver; dynamische Punktuation kommt öfters vor, und der Einsatz der Musiker, die das Wort „Judas“ mehrmals flüstern, ist besonders ergreifend und wirkungsvoll.

Die Interpretation von Solotarjow ist verblüffend; es ist fast unmöglich zu glauben, dass ein Musiker fähig ist, auf einem Bajan ein derart volles und prachtvolles Spektrums eines Tons zu bilden. Natürlich haben wir derartiges Spiel von Lips erwartet, egal ob die Werke von ihrer Struktur her einfach oder schwierig sind. Dennoch kann man nicht umhin, jenen wenigen letzten Tönen dieses Stücks zu lauschen und irgendwie vor den Klängen einzelner Töne, wie sie von diesem Künstler bei dieser Darbietung produziert werden, in Ehrfurcht zu erstarren. Die ganze Interpretation ist ein Beispiel musikalischer Perfektion.

Die Bach-Interpretation hat gerade das rechte Maß an Zögern, um die harmonischen Auflösungen hervorzuheben, die geschrieben wurden, um einerseits die Worte der Hymne unterzubringen und doch andererseits die Kontinuität nicht zu stören. Die einzelnen Phrasen werden meisterhaft miteinander verbunden, und die Stimmführung ist durch das ganze Stück hindurch perfekt zu hören.

Lips könnte wochenlang Meisterklassen halten, basierend auf auch nur einigen der Techniken, die unumgänglich sind, um die auf dieser CD zu hörende Musik auf zu führen. Es ist kein Wunder, dass Komponisten wie Gubaidulina und Bronner auf seine Inspiration gebaut haben, das Bajan in ihre Werke mit ein zu beziehen.

Die Beschreibungen im booklet dieser CD sind gut formuliert und helfen, den Werken Bedeutung zu geben. Meine einzige Spitzfindigkeit ist, dass die Aussage „... S. Gubaidulina, eine der wichtigsten Komponistinnen der modernen Zeit...“ nicht dahingehend formuliert ist, dass sie einer der wichtigsten Komponisten der modernen Zeit ist. Es gibt keinen Zweifel, dass sie in der heutigen Welt zu den besten unter den anerkannten Komponisten, ob Mann oder Frau, gehört. Wir sind überglücklich, ihre Werke im Bajanrepertoire zu haben.

Ich würde jeden drängen, seine Bibliothek großer Aufnahmen mit dieser speziellen CD zu erweitern: THE LAST SUPPER von Friedrich Lips.

Es ist in der Tat eine Musikaufnahme voll Inspiration, die Komponisten und Interpreten helfen wird, ihren Weg zum Bajanrepertoire der Zukunft zu finden.

Rezension von Joan Cochran Sommers, Oktober 2007.

Anmerkung: Für genaue biographische Informationen sowie die Bestellung dieser oder auch der anderen CDs von Friedrich Lips, gehen Sie bitte auf http://www.accordions.com/lips

This CD is available on the Friedrich Lips site on MusicForAccordion.com
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