Vollständige Liste der Friedrich Lips CD/Albums  F. Herr Prof. Lips! Soeben Ist die 30. CD Ihrer eigenen CD-Serie erschienen. Welche spezielle Bedeutung in Ihrem Lebenswerk hat das für sie? Haben Sie für Ihre CDs auch internationale Auszeichnungen bekommen? A. Natürlich ist das Erscheinen der 30. CD für mich kein alltägliches Ereignis. Immerhin, wenn wir bedenken, dass auf jeder CD durchschnittlich etwa eine Stunde Musik zu hören ist, beträgt die Gesamtspielzeit mehr als einen Tag! In der ganzen Reihe gibt es viele Solowerke, sowie Kammermusik, Aufnahmen mit Kammer- und Sinfonieorchester; hier gibt es verschiedene Stile wie Klassik und Romantik, moderne Musik, Folk, Pop, Tango von A. Piazzolla ... Ich habe nie versucht, möglichst alles zu spielen, sondern ich habe gespielt und aufgenommen, was mir gerade am Herzen lag. über 100 Werke wurden zuerst bei Radio Moskau und später internationalen Labels auf etwa 50 CDs aufgenommen, die u.a. in Russland, USA, Japan, österreich, Deutschland und Schweden veröffentlicht wurden. Die CD mit der Aufnahme von Gubaidulinas Partita "Sieben Worte" erhielt in Paris den Preis "Diapason d'or" (Goldene Stimmgabel) und wurde als beste CD des Jahres 1991 ausgezeichnet. 2006 errang die CD "Russian and Trepak" in den USA in der Klassik-Kategorie unter 25.500 nominierten Soloalben den dritten Platz im Wettbewerb von Just Plain Folks Music Awards.
F. Waren all diese Aufnahmen wichtig für die Entwicklung Ihres eigenen typischen Stils? Welche Einspielungen sind untrennbar mit Ihrem Namen verbunden? A. Ich kann nicht sagen, dass ich mit meinen Aufnahmen immer zufrieden bin. Wie der berühmte Musikwissenschaftler und Pianist Grigori Kogan sagte: "Wenn Sie sich Ihre Aufnahme eines Stücks zum ersten Mal anhören, sind Sie zufrieden, beim zweiten Mal hören Sie Mängel und beim dritten Mal wird die Aufnahme zum Indiz." Ein nicht weniger spektakuläres Statement unserer Schauspielerin Faina Ranewskaja, berühmt für ihre hellen Aphorismen: "Eine schlecht gespielte Rolle in einem Film dauert eine Ewigkeit!". Ich kann von mehr oder weniger Zufriedenheit mit der einen oder anderen Aufnahme sprechen, aber im Allgemeinen schäme ich mich nicht, sie zu präsentieren. Habe ich Lieblingsaufnahmen? Jede Aufnahme wird im Moment ihrer Entstehung geliebt ... vielleicht möchte jemand Daquins Le Coucou oder Rachmaninows Humoreske hören? ... Und jemand anderer wird Bachs Chaconne oder Orgelpräludium und Fuge in a-Moll wollen ... oder Solotarjow, Kancheli und Gubaidulina ... Wenn ich Musik von G. Kancheli höre, kann ich nicht aufhören. Sie verzaubert einfach, zieht mich in die magische Atmosphäre der Klänge.
F. In Japan wurden Sie mit Ihrem "Piazzolla-Studio" für Ihre Interpretationen des argentinischen Tangos quasi als Pop-Star gefeiert. Wie beeindruckend war diese Erfahrung für einen Musiker, der sonst eher von der klassischen und zeitgenössischen Musik geprägt ist? A. In Japan achtet man sehr auf alles Neue und Progressive, nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch in der Kultur. Als Sofia Gubaidulina Anfang der 90er Jahre begann, Autorität und Anerkennung auf der internationalen Bühne zu gewinnen, war es also nicht verwunderlich, dass uns ein Impresario mit ihren Werken nach Tokio eingeladen hat. Nur ein paar Jahre später folgte die Einladung desselben Impresarios zu einer Japantournee mit der Musik von Astor Piazzolla. Natürlich waren in beiden Fällen CD-Aufnahmen Teil des Projekts, die mit großem Erfolg veröffentlicht wurden. Ich erinnere mich, dass damals unsere Tango-CD mit der Musik des großen Argentiniers die Hitparade der meistverkauften CDs anführte.
F. In Ihrem Buch "Als wäre es gestern gewesen …" vergleichen Sie Ihre beiden Tätigkeiten als Pädagoge und Künstler auf der Bühne. Wo sind da Ihre Tonaufnahmen einzuordnen? A. Leider werden CD-Aufnahmen immer weniger populär. Die aktuelle Hörergeneration interessiert sich weniger für Klangqualität, sie schnappen sich am Smartphone von YouTube, was sie gerade interessiert und das reicht ihnen. Wir gleiten in Allem oberflächlich durchs Leben: wir lesen praktisch keine Bücher, wir kennen unsere Geschichte nicht, tiefe Gefühle sind uns fremd, wir richten unseren Blick nicht auf den schönen abendlichen Sonnenuntergang, wir leben in Eile. Es bleibt keine Zeit, auf guten Geräten Musik zu hören, es reicht, die Umrisse eines Musikstücks so nebenbei am Smartphone zu hören. So eine Zeit, so eine Generation ... aber ich bin optimistisch, dass es immer noch dankbare Zuhörer gibt.
F. Wie haben Sie das Repertoire Ihrer einzelnen CDs ausgewählt? A. Wenn wir uns die gesamte Reihe der Lips-CDs ansehen, werden wir feststellen, dass auf den ersten CDs Soli mit einer großen Anzahl von Arrangements zu finden waren, dann beginnen sich Originalwerke durchzusetzen, Kammermusik und Werke mit Orchester nehmen immer mehr Platz ein. Wahrscheinlich war es die natürliche Entwicklung eines Akkordeonisten, in diesem Fall meine eigene Entwicklung, die dadurch erleichtert wurde, dass mir die führenden Komponisten Russlands ihre Werke widmeten und sie die Zukunft unseres Instruments nicht nur als Soloinstrument, sondern integriert in die allgemeine Musikkultur sahen.
Wenn wir alle 30 CDs wie aus der Vogelperspektive betrachten, werden wir feststellen, dass der Titel einer CD in der Regel bereits auf den Inhalt verweist und auch das Cover dementsprechend gestaltet ist. Ich mag keine chaotischen Programme. Das hat übrigens die Zusammenstellung meiner Konzertprogramme immer ausgezeichnet. Die CD "Russisch und Trepak" basiert auf russischen Komponisten, "Dieu parmi nous" auf französischen Werken, "Russian bells" auf Mussorgskis "Bilder einer Ausstellung" und Cholminows Symphonie, Solotarjows "Sechs Kindersuiten" finden sich auf einer CD usw. Schließlich habe ich auch das Programm der letzten CD nach diesem Muster gebaut: kürzlich geschriebene Werke der zeitgenössischen russischen Komponisten E. Podgaits, A. Tschaikowski, M. Bronner und, na ja, eine kleine Zugabe des Belgiers C. Doucet.
F. Welche Bedeutung hatte Ihre Zusammenarbeit mit anderen Musikern bei der Aufnahme von Kammer- und Orchestermusik? A. Ich danke allen Musikern für ihren unermüdlichen Einsatz bei unseren gemeinsamen CD-Aufnahmen, ich danke meinen Toningenieuren für ihre wertvollen Beiträge bei der Suche nach dem perfekten Klang, und ich bin meinem langjährigen, treuen österreichischen Freund Herbert Scheibenreif sehr dankbar, der übrigens nicht nur der Produzent dieser Reihe ist, sondern auch der übersetzer meiner Bücher und Artikel in die deutsche und englische Sprache. Im Zusammenhang mit der Publikation der JUBILäUMS-CD möchte ich meinen Meistern danken - den Konstrukteuren meiner Instrumente Jupiter und Mythos, auf denen ich seit vielen Jahren Aufnahmen mache: das sind in erster Linie die Designer des Modells "Jupiter" J. Wolkowitsch sowie der Stimmzungen W. Wasiljew und A. Gawrilin, der Chef der Firma "Jupiter" S. Barinow, sowie die italienische Firma Pigini, nicht nur Designer von "Mythos", sondern auch Sponsor der ganzen CD-Serie.
F. Sind weitere Tonträger geplant? A. Ich kann im Moment nicht sagen, ob dies meine letzte CD war oder ob weitere folgen werden: Der Mensch denkt und Gott lenkt! Deshalb möchte ich mit den Worten meines Idols Heinrich Neuhaus antworten: Ich habe (nicht) alles getan, was ich konnte, ich überlasse es anderen, mehr und es besser zu machen!
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